THK Verlag | Der kleine König Korona
Vorwort
Sind Sie gern allein? Isoliert von Umwelt und Menschen, die Ihnen
einmal nahegestanden haben? Nein? Dann grämen Sie sich nicht.
Das ist normal, jedenfalls für den größeren Teil der Menschheit.
Der Mensch ist ein soziales Wesen – und das ist auch gut so.
Vor einigen Jahren erstritt ich eine symbolische Entschädigung gegen
einen Nachrichtendienst, der mich über lange Zeit isoliert und
unbeschäftigt im Büro hatte vergammeln lassen. Ja, ich sage bewusst
vergammeln. Denn für Körper, Geist und Seele ist solch ein Zustand
überaus abträglich. Der Mensch wird dadurch missmutig, krank und
ungenießbar – im wörtlichen Sinne des Wortes.
Und nun war also diese Coronazeit gekommen. Und diesmal waren es
viele Millionen Menschen, die sich in einer Situation sahen, für die ich
Entschädigung erhalten hatte. Die Sache mit dem Geheimdienst hatte
ich in Geschichten verwandelt. Geschichten, die das Leben schrieb und
die ich nur noch auf Papier verewigen musste. Verwandeltes Ungemach
verliert seine Gefährlichkeit.
Aus dieser Erfahrung schöpfte ich, als ich am Freitag den 13. März 2020
begann, die Zeit der kollektiven Einsamkeit mit beinahe
wöchentlichen Kurzgeschichten zu begleiten.
Dass es ausgerechnet ein Freitag der 13. gewesen war, lässt mich heute verwundern.
Mein Unterbewusstsein musste damals mitgeschrieben haben, denn eigentlich
konnte an diesem Freitag den 13. noch niemand wissen, welch zähen
Zeitraum dieser globale Ausnahmezustand umfassen sollte.
Bis etwa zum Advent des Jahres 2021 sollten es über fünfzig Texte
werden. Diese versah ich jeweils mit Datum, so dass man sie in der
Rückschau als etwas ähnliches wie ein satirisches Tagebuch
bezeichnen kann. Parodien zur Abwendung der seelischen Kapitulation.
Nicht nur für mich.
Meine Texte versandte ich an Familie, an Freunde, manchmal auch an
Menschen, von denen ich annehmen musste, dass sie die Dinge anders
sahen. Grundlegend anders. Und ich nahm in Kauf, dass diese mich
möglicherweise für meine Sicht auf die Dinge verurteilten.
In extremen Zeiten reagiert der Mensch bisweilen irrational.
Das galt für mich ebenso wie für meine Nächsten – so schätzte ich die Lage ein.
Isolation und soziale Distanz gefährden die Gesundheit, das hatte mir
das Gericht in dem Verfahren gegen den Geheimdienst bestätigt.
Kein Wunder, denn das Menschsein bedarf der Eingebundenheit in ein
soziales Gefüge. Allein im Universum sinkt der Sinn des Lebens rasch.
Den meisten von uns ist daran gelegen, wahrgenommen und bei
Abwesenheit vermisst zu werden.
Ich schrieb also für die Mitgefangenen in ihren Stuben und Küchen
und Betten. Ich schrieb zum einen für mich, denn irgendeine Aufgabe
braucht der Mensch. Und wie man mit zu viel Zeit umgeht, hatte ich
in der Angelegenheit mit den Schlapphüten ja bereits gelernt. Gott sei
Dank. Denn so hatte ich schon Übung und das privilegierte mich
gegenüber denjenigen, für die die Situation neu war.
Das bunte Sammelsurium meiner Texte sollte erheitern, um der
Schwermut vorzubeugen. Es sollte aber auch ein Stück der nun fehlenden
Kulturlandschaft ersetzen. Kulturlos geht die Welt zugrunde, so sah und
sehe ich die Welt, damals wie heute.
Sofern Sie nun also dieses Buch mit einer Auswahl von 25 Zeugnissen
der Zeit in den Händen halten, möge Ihnen vielleicht das eine oder
andere versöhnliche Schmunzeln übers Gesicht huschen. Glauben Sie
mir, mit Humor lässt sich selbst der größte Wahnsinn besser ertragen.
In diesem Sinne – bleiben Sie gesund – und – ich soll recht herzlich
grüßen
vom kleinen König Korona